Die Auswirkungen des Klimawandels sind in der Landwirtschaft längst angekommen. „Wir haben immer weniger günstige Zeitpunkte zum Dreschen und Gülle fahren. Sonst steckt man halt fest“, so der angehende Landwirt Benedikt. Die unregelmäßige Verteilung der Niederschläge ist eine Herausforderung, die vielen Landwirt*innen zunehmend Sorge bereitet. „Nicht Feststecken“ – das ist auch das Motto der zwei Projekttage zu Klimawandel und Klimaanpassung in der Landwirtschaft, die vom 14.- 15.12.23 am Gregor-Mendel-Berufskolleg stattfanden.
Auszubildende im ersten Lehrjahr diskutierten die Zukunft ihrer Branche im Nachhaltigkeitsprojekt „Climate-B-Ready“, durchgeführt vom PECO-Institut und begleitet durch die landwirtschaftlichen Berufsschullehrer Heike Beckmann und Fabian Oesterhoff. Die Auszubildenden beschäftigten sich mit Möglichkeiten auf die neuen klimatischen Herausforderungen zu reagieren, so zum Beispiel auf Hitzestress in der Pflanzenerzeugung und Nutztierhaltung.
Die zwei Projekttage hätten nicht in eine bessere Zeit fallen können. Während in Dubai noch das Abkommen zur Abkehr fossiler Energieträger gefeiert wurde, diskutieren die jungen Landwirte, wie eine klimaneutrale Landwirtschaft aussehen könnte. Deutschland hat sich im Klimaschutzgesetz (KSG) das Ziel gesetzt bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Viele Landwirt*innen fühlen sich dabei zu Unrecht Kritik ausgesetzt. „Die Landwirtschaft, die wird immer so angebeeft“, findet auch die Auszubildende Nia mit Blick auf die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft.
Tatsächlich hat die deutsche Landwirtschaft das Sektorziel zum Klimaschutz im vergangenen Jahr eingehalten. Die Branche war 2022 für knapp 8,3 % der Gesamtemissionen der deutschen Wirtschaft verantwortlich, laut Umweltbundesamt. Dieser Wert entspricht knapp 61,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente einschließlich der Emissionen für mobile und stationäre Verbrennung. Bis 2030 sollen sich die Emissionen laut KSG auf 56 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduzieren.
Vor diesem Hintergrund wird im Klassenraum schnell deutlich, dass die Landwirtschaft nicht nur Mitverursacherin der globalen Erwärmung ist, sondern unmittelbar Betroffene sowie Schützerin des Weltklimas. So zielen einige Maßnahmen zur Anpassung auch auf CO2-Speicherung ab. Spezielle Fruchtfolgen ermöglichen den Aufbau von Biomasse, die CO2 in Form von Humus im Boden speichern kann. Gleichzeitig ermöglicht die Vielfalt von Ackerbaukulturen, dass Landwirte gegen den Ausfall einer Kultur aufgrund von Extremwetterereignissen besser geschützt sind.
„Die Landwirtschaft muss mit zunehmender Flexibilität auf die Witterungsbedingungen reagieren. Dafür ist euer Fachwissen gefragt”, betont Maximilian Ahlert, Referent des PECO-Instituts. Seit langem machen Arbeitnehmerverbände und Forschungsinstitute darauf aufmerksam, dass experimentierfreudige Landwirte darin gezielt unterstützt werden müssen.
Um neue Wege gehen zu können, erwarten die Auszubildenden mehr Planungssicherheit vonseiten der Politik. Anpassungsmaßnahmen, wie die Förderung des Humusaufbau durch Zwischenfrüchte und Kühlungssysteme für die Ställe, kosten Geld. So stehen bei vielen der diskutierten Anpassungsmaßnahmen nicht Spitzenerträge im Vordergrund, sondern die Stabilität der Erträge in Zeiten des Klimawandels. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen sind jedoch Ressourcen nötig, die auch finanziert werden müssen.
Aus der Erkenntnis, dass Klimaschutz und Klimaanpassung Geld kosten, entwickelte sich eine spannende Diskussion um die Finanzierung von Klimaanpassung im Betrieb. Kiva Drexel, Referentin des PECO-Instituts, lobt das kritische Bewusstsein der Berufsschüler: „Ihr seid die Generation der Transformation, die ein Höchstmaß an Kreativität aufbringen muss.“ Viele Schüler steuern bereits heute ihre Ideen bei, um neue Herausforderungen anzupacken. Gleichzeitig teilen viele die Sorge, dass dieser Wandel sozial ungerecht und ohne ihre Beteiligung ins Rollen kommt und dass die Landwirtschaft in Deutschland politisch nicht mehr gewollt ist. Der Auszubildende Noah spricht in der Diskussion beispielsweise die Streichung der Agrardiesel-Beihilfe an, die zu großem Unmut im Berufsstand sorgt.
Denn bei dem anstehenden Wandel wollen die jungen Paderborner Landwirt*innen mitbestimmen. „Für mich ist Mitbestimmung Selbstbestimmung“, sagt der Auszubildende Piet. Ein Umdenken muss somit nicht nur auf den Feldern, sondern auch in den Ministerien stattfinden. Dabei kann eine klimaangepasste Landwirtschaft kein Ziel, sondern muss ein gemeinsamer Weg sein. Schulleiter Franz-Josef Meyer schließt die Veranstaltung in der Abschlussrunde mit dem Impuls „Ihr seid Weltenretter, weil Ihr es könnt!“.
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